Fleck: Holzbearbeitungsmaschinen – Beispiel Deutsch-Neuguinea
Die Beiträge des Museums Reinickendorf, die auf der Seite „Kolonialismus begegnen“ präsentiert werden, wurden sorgfältig im Kontext der Sonderausstellung „Koloniale Spuren in der Industriegeschichte Reinickendorfs“ kuratiert. Die Beiträge wurden eingehend geprüft und für die digitale Präsentation überarbeitet. Wir empfehlen, den umfassenden einleitenden Text zur kolonialen Vergangenheit Reinickendorfs (Link) vorab zu lesen.
Holzbearbeitungsmaschinen für deutsche Kolonien – Beispiel Deutsch-Neuguinea
Firma: C. L. P. Fleck Söhne
Gründung: 1859 von Carl Ludwig Paul Fleck in Berlin
Reinickendorf: ab 1897 Produktionsstandort
Produktion: Herstellung von Holzbearbeitungsmaschinen
Das bis in die 1980er Jahre in Reinickendorf ansässige Unternehmen wurde 1859 von Carl Ludwig Paul Fleck in Berlin gegründet. 1897 verlegte die Firma ihren Sitz in die Reinickendorfer Flottenstraße, wo sie ein repräsentatives Gebäude im Stil der Neorenaissance errichten ließ, das bis heute erhalten ist. (1) Ebenfalls erhalten ist die Villa Fleck in der Drewitzer Straße 10 in Hermsdorf, die Oskar Fleck 1906/07 errichten ließ. Ab 1876 spezialisierte sich C. L. P. Fleck Söhne auf die Herstellung von Holzbearbeitungsmaschinen und entwickelte sich zu einem führenden Spezialunternehmen. Auf der Gewerbeausstellung 1896 in Berlin erhielt sie dafür die Preußische Goldene Staatsmedaille. (2) Ende des 19. Jahrhunderts war der überwiegende Teil der von Fleck Söhne produzierten Holzbearbeitungsmaschinen für den Export bestimmt. Zu diesen Exporten gehörten spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts auch Lieferungen in die deutschen Kolonien. So wurde C. L. P. Fleck Söhne 1902 im Verzeichnis deutscher Exportfirmen der Deutschen Kolonialzeitung mit der Lieferung von Holzbearbeitungsmaschinen aufgeführt. Bandsägen, Hobelmaschinen, Schleifmaschinen und Kreissägen C. L. P. Fleck Söhne erschienen in den Bezugsquellenverzeichnissen verschiedener Jahrgänge des „Kolonialen-Handels-Adressbuches“, so in dem hier abgebildeten von 1914. Dieses wirtschaftliche Engagement ging einher mit der Mitgliedschaft des Unternehmens in der Sektion Charlottenburg der Deutschen Kolonialgesellschaft, die für das Jahr 1896 erwähnt ist. C. L. P. Fleck Söhne warb in verschiedenen Jahrgängen des „Kolonial-Handels-Adressbuches“ zudem mit der Lieferung von „vollständigen Einrichtungen für Sägewerke, Zimmereien, Tischlereien, Waggon-, Kisten-, Holzwoll- und Holzbearbeitungsfabrikaten aller Art.“ 1909 bestand ein solches Sägewerk der Firma in Deutsch-Neuguinea, wie aus einer illustrierten Anzeige in der „Usambara-Post“, einer Zeitschrift für die damalige Kolonie Deutsch-Ostafrika, hervorgeht. (3) Leider ist der genaue Standort des Sägewerks nicht angegeben. Sägewerke gab es im holzreichen Deutsch-Neuguinea an mehreren Standorten, am Warangoi-Fluss/St. Georgs-Kanal und in Erimahafen, bei Casalock in Neu-Mecklenburg, in Alexishafen, vermutlich in Vunapope und in Finschhafen. (4) In einer weiteren Ausgabe der „Usambara-Post“ von 1910 werden außerdem die Qualität der Maschinen der C. L. P. Fleck Söhne, insbesondere der Pendelkreissäge, hervorgehoben. (5)
Die Kolonie Deutsch-Neuguinea
Deutsche Kolonie: 1884/85–1914
Fläche: ca. 240.000 km²
Bevölkerung: 1912 ca. 500.000, darunter weniger als 1.000 Deutsche
Wirtschaft: Anbau von Kautschuk und Kakao, Gewinnung von Kopra (getrocknetes Nährgewebe von Kokosnüssen), Holzwirtschaft
Militär: Eine kleine Schutztruppe wurde von der Neu-Guinea Compagnie unterhalten
Die Kolonie Deutsch-Neuguinea befand sich im Pazifik auf der Höhe des Äquators und umfasste die nordöstliche Küstenregion Neuguineas, die Karolinen-, Mariannen- und Marshallinseln sowie weitere kleinere Inseln. Sie lag im Gebiet der heutigen Staaten Papua-Neuguinea, Mikronesien, Nördliche Mariannen, Palau, Nauru, Marshall-Inseln und Salomonen (Nordteil). Zum Zeitpunkt der Kolonisierung lebten hier rund eine halbe Million Einwohner, davon weniger als 1.000 Deutsche. (6) Wirtschaftlich interessant waren der Anbau von Kautschuk, Kakao und Kokosnüssen sowie die Holzwirtschaft. Eine große Plantagengesellschaft wie die Deutsche Handels- und Plantagen-Gesellschaft schüttete hohe Dividenden aus. Die deutschen kolonialen Aktivitäten in der Südsee intensivierten sich nach 1880 und wurden von wirtschaftlichen Akteuren vorangetrieben. Am 17. Mai 1885 wurde Neuguinea zum „Schutzgebiet“ erklärt. Das Deutsche Reich schloss einen „Schutzvertrag“ mit der Neuguinea-Kompanie, einer Gesellschaft zum Erwerb von Kolonialbesitz im Pazifik, deren Aktien sich in den Händen einiger weniger Finanziers befanden. Die bereits im Schutzgebiet ansässigen Firmen mussten sich der neu gegründeten Neuguinea-Kompanie zwangsweise anschließen. (7)
Die Verträge, die in der Folgezeit von deutschen Kaufleuten und Firmenvertretern mit den lokalen Herrschern geschlossen wurden, beinhalteten einen Landerwerb durch die Firmen sowie einen „Schutzvertrag“, der die lokalen Herrscher und ihre Rechtsnachfolger unter die Schutzherrschaft des Deutschen Reiches stellte. Fortan durften keine Verträge mit anderen Nationen ohne Zustimmung des deutschen Kaisers abgeschlossen werden. Administrativ und wirtschaftlich überfordert, gab die Neuguinea-Kompanie die Verwaltung nach und nach an das Kaiserreich ab. 1898 verzichtete sie endgültig auf ihre Hoheitsrechte zugunsten des Deutschen Reichs. (8) 1910 – 1911 kam es auf der Insel Ponape zu einem Aufstand der Sokeh. Rund 80 Männer, die zwangsweise im Straßenbau arbeiteten, traten am 18. Oktober 1910 in einen Streik. Unmittelbarer Auslöser war die Auspeitschung eines jungen Arbeiters am Tag zuvor. Dabei bedrohten sie die deutschen Vorarbeiter, die daraufhin flohen und Bezirksamtmann Gustav Boeder kontaktierten. Als er die streikenden Arbeiter konfrontierte, töten diese ihn sowie drei seiner deutschen Begleiter. Fünf weitere Begleiter kamen ebenfalls zu Tode im Schusswechsel. Daraufhin begann ein mehrere Monate andauernder Krieg, der das Deutsche Reich zur größten Militäraktion in seinen Südsee-Kolonien zwang. Die deutschen Beamten verschanzten sich auf der Insel Kolonia mit 50 melanesischen Polizeibeamten und konnten erst mit dem Eintreffen des Postdampfers „Germania“ am 26. November 1910 um Hilfe bitten. Bis zum 4. Januar 1911 trafen vier deutsche Kriegsschiffe mit mehreren Hunderten Soldaten und Polizeibeamten bei der Inselgruppe an. Tsingtau diente dabei als essentieller Knotenpunkt für die Kriegsschiffe bei ihrer Versorgung vor dem Aufbruch nach Ponape. Obwohl es den deutschen Soldaten nicht gelang einen militärischen eindeutigen Sieg zu erlangen, gelang es ihnen die Sokeh von jeglicher Nahrungsversorgung fernzuhalten. Erschöpft und durch fehlende Unterstützung durch weitere Völker auf den benachbarten Inseln entmutigt ergaben sich die rund 450 Sokeh am 22. Februar 1911 den Deutschen. Ein Standgericht verhängte 17 Todesurteile und 12 Freiheitsstrafen. Alle weiteren Sokehs verbannten die Kolonialbeamten auf die Insel Palau. (9) Zudem wurden in Neuguinea und Samoa meist unter Zwang bis zu 4.000 rekrutierte chinesische „Kulis“ als billige Arbeitskräfte eingesetzt. (10)

Werbeanzeige Spannwerk-Vollgatter mit Wagenvorschub von C.L.P. Fleck Söhne 1898. Quelle: Berlin und seine Arbeit: Amtlicher Bericht der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896, Verlag Dietrich Reimer, Berlin 1898

Foto der Produktionshallen in der Flottenstraße 50-53, rechts ist die Unternehmervilla zu sehen, Stand 2023. Quelle: Fotografie Burkhard Schulz © Museum Reinickendorf
Facts & Files
ORT
Flottenstraße 50-54 13407 BerlinHEUTE
Flottenstraße 50-54 13407 BerlinZitieren des Artikels
Facts & Files : Fleck: Holzbearbeitungsmaschinen – Beispiel Deutsch-Neuguinea. In: Kolonialismus begegnen. Dezentrale Perspektiven auf die Berliner Stadtgeschichte. URL: https://kolonialismus-begegnen.de/geschichten/fleck-holz-fuer-deutsche-kolonien-beispiel-deutsch-neuguinea/ (05.11.2024).
Literatur & Quellen
(1) LAB, A Rep. 342-02, Nr. 36553. Schreiben vom 27.12.1905.
(2) Fritz Kühnemann: Berlin und seine Arbeit, Amtlicher Bericht der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896 zugleich eine Darstellung des gegenwärtigen Standes unserer gewerblichen Entwicklung. Herausgegeben vom Arbeits-Ausschuss Fritz Kühnemann, B. Felisch, G.M. Goldberger. Neue Ausgabe mit dem Finanzbericht. Mit einem Plan der Ausstellung und 357 Abbildungen nach Original-Zeichnungen von Otto Eckmann, Otto Günther-Naumburg, Wilhelm Kuhnert, W. Weimar und nach photographischen Aufnahmen, Berlin 1898, S.190f.
(3) Art. „Anzeige der Firma C. L. P. Fleck Söhne“, in: Usambara-Post (31.12.1909)
(4) Sägewerke in Neuguinea: Kolonial-Handels-Adressbuch, Berlin 1912, 154, 155.
(5) H. Rackow: Über Holzverwertung und Bearbeitung in den Kolonien, in: Usambara-Post, 37 (17.09.1910)
(6) Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte. C.H.Beck Wissen, Band 2448, 4., durchgesehene Auflage, Originalausgabe, München 2019, S. 38.
(7) „Die an der Spitze der Kolonien stehenden Beamten (zunächst Reichskommissare, dann so genannte Landeshauptleute, spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts Gouverneure) waren unmittelbar der Kolonialabteilung beziehungsweise dem Reichskolonialamt in Berlin unterstellt und an deren Weisungen gebunden.“ Ebd., S.33f.
(8) Winfried Speitkamp: Deutsche Kolonialgeschichte. Reclam Sachbuch, Aktualisierte und erweiterte Ausgabe, Ditzingen 2021, S. 31.
(9) Thomas Morlang: Zwischen Verständnis und Vergeltung: Max Girschner und der Sokehs-Aufstand auf Ponape 1910 – 1911. Vortrag auf der Tagung „Kolonialmedizin, Kolonialpädagogik, Kolonialgeschichte Deutschlands in der Südsee 1884 bis 1914, Rostock, 2011.
(10) Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte. C.H.Beck Wissen, Band 2448, 4., durchgesehene Auflage, Originalausgabe, München 2019, S. 65.
Tags